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Wie kann die Beziehung zu Kindern positiv gestärkt werden?

14.09.2023 

 

Tragfähige Beziehungen sind für Kinder sehr wichtig. Sie erfahren dadurch Vertrauen, Nähe und Verlässlichkeit. Dies stärkt das Selbstbewusstsein der Kinder und fördert ihre sozialen Kompetenzen. Wie die Beziehung zu Kindern gut gestaltet und gestärkt werden kann, möchten wir dir hier aufzeigen.

Was ist eigentlich eine Beziehung zum Kind genau?

Wir alle haben unterschiedliche Beziehungen: Zu unseren Freund*innen, zu Partner*innen oder zu Kindern. Letztere unterscheidet sich vor allem dadurch, dass wir zwar gegenseitig Bedürfnisse kommunizieren können, aber die erwachsene Person schlussendlich die Verantwortung über das Kind trägt. Wenn wir in diesem Artikel über Beziehung reden, meinen wir die Verbindung von einem Kind und einer erwachsenen Person (Mama, Papa, andere Erziehungsberechtigte oder nahestehende Personen wie Gotti/Götti, Campleitende*r, Begleitperson in einer Institution).

Diese Beziehungen können dabei unterschiedlich tief sein – sie basieren auf Interaktionen, gemeinsamen Erfahrungen und einer emotionalen Verbindung. Und sie ändern sich ständig, weil das Kind immer selbstständiger wird.

Die Entwicklung von Beziehungen

Für Säuglinge und Kleinkinder ist es wichtig für ihre Entwicklung, Beziehung und eine sichere Bindung zu bekommen. Sie sind hilflos und abhängig und brauchen verlässliche und vertrauensvolle Bezugspersonen, die ihre Bedürfnisse befriedigen, um sich sicher zu fühlen und so neugierig die Welt zu entdecken.

Diese ersten Bindungserfahrungen in der frühen Kindheit (0-2 Jahre) bilden das Grundmuster für weitere Beziehungsgestaltungen zu anderen Menschen. Sie prägen Kinder auch für die folgenden Jahre. Jedes Kind erfährt unterschiedliche Beziehungserfahrungen, welche sich auch auf das Verhalten auswirken. Kinder, die negative Erfahrungen gemacht haben, können beispielsweise in einer Pflegefamilie auch später noch positive Beziehungserfahrungen sammeln und so auch lernen sichere Bindungen aufzubauen.

Dies ist insbesondere wichtig, weil die verschiedenen Stufen der psychosozialen Entwicklung (Urvertrauen, Autonomie, Identität, etc. oder deren Gegenteile) stark von Bindungserfahrungen geprägt werden. So kann beispielsweise das eine Kind mit sehr viel Urvertrauen aufwachsen, während das andere mit misshandelnder Bezugsperson sehr viel misstrauischer ist.

Es wird also klar: «Erziehung braucht Beziehung», wie es auch Jesper Juul sagt. Und diese Beziehung kann gestärkt werden:

 

 

10 Tipps, wie du die Beziehung zu Kindern stärken kannst

1. Zusammen Zeit verbringen

Gemeinsame Zeit schafft Beziehung. Das Kind spürt, dass jemand interessiert ist und sich Zeit für ihn/sie nimmt. Dies stärkt den Selbstwert und auch das Vertrauen zu der Person, die etwas mit dem Kind unternimmt. Es hilft die Interessen des Kindes zu berücksichtigen: Wenn das Kind beispielsweise gerne im Garten mithilft, ist eine gemeinsame Pflanzaktion toll.

In dieser gemeinsamen Zeit kann auch gezeigt werden, dass das Kind wichtig ist. “Schön, dass du hier mit mir draussen bist”, zeigt dem Kind, dass es dazu gehört und willkommen ist.

2. Aufmerksam sein: Quality Time

Um eine Beziehung wirklich stärken zu können, reicht es nicht, einfach neben dem spielenden Kind zu sitzen und dabei am Handy zu scrollen. Quality Time heisst: Sich bewusst diese Zeit füreinander zu nehmen und nichts nebenherzumachen. Es empfiehlt sich auch, das Handy für diese Zeit wegzulegen. Quality Time heisst allerdings nicht, dass das Nützliche nicht mit dem Spassigen verbunden werden kann. Es muss nicht ein teurer Ausflug sein. Auch gemeinsames Kochen, Spazieren oder Gärtnern kann für beide eine echte Bereicherung sein. Vor allem kleine Kinder lieben es, wenn sie dasselbe tun dürfen wie die Erwachsenen – sie schauen ab und machen nach, so lernen sie. Da ist es Nebensache, dass die Gurkenscheiben mal nicht perfekt geschnitten sind…

3. Gemeinsame Interessen finden

Ein Kind merkt, wenn die Bezugsperson gar keinen Spass bei gemeinsamen Stunden hat. Das ist für beide Seiten nicht toll. Stattdessen können Aktivitäten, Interessen und Hobbies gefunden werden, die die Bezugsperson und das Kind beide gerne mögen. Ein Beispiel: Die Bezugsperson ist Pferdeliebhaberin. Ihr Bezugskind liebte Pferde ebenfalls. Mit dieser Gemeinsamkeit wurde bereits eine wichtige Basis für den Beziehungsaufbau gelegt, da Gemeinsamkeiten das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken.

4. Achtsame Kommunikation

 Kinder nehmen nicht nur wahr, was wir kommunizieren, sondern auch wie wir kommunizieren. Unter Erwachsenen ist es ganz normal, dass wir auf „Augenhöhe“ sind, also einander gerade aus in die Augen schauen können. Meist stehen oder sitzen daher beide Parteien. Auch für Kinder können wir dieses Prinzip anwenden. In die Knie gehen, uns hinsetzen und uns nicht nur mental, sondern auch mit unserem Körper zum Kind richten.

Die achtsame Kommunikation – basierend auf der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg – hilft zudem sprachlich. In folgenden 4 Schritten können so schwierige Situationen selbstreflektierend kommuniziert werden.

  • Beobachten: Was nehme ich wahr?
    Das Kind isst sehr langsam und wird dabei immer wieder abgelenkt von der Katze. Gleichzeitig verrät die Uhr, dass es höchste Zeit ist, das Kind zur Kita und selbst zur Arbeit zu gehen.
  • Gefühle wahrnehmen: Was fühle ich?
    Die Bezugsperson fühlt sich gestresst, weil sie das Kind gleich in der Kita abgeben muss, um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Gleichzeitig möchte er/sie, dass das Kind in Ruhe fertig essen kann.
  • Bedürfnisse wahrnehmen: Was ist mir wichtig?
    Der Bezugsperson ist es wichtig, rechtzeitig beim Arbeitgeber aufzutauchen und möchte, dass das Kind sich beeilt.
  • Klare und erfüllbare Bitten äussern: Was erbitte ich?
    „Ich sehe, dass du noch nicht fertig aufgegessen hast. Wir müssen jetzt aber leider los, damit ich rechtzeitig bei der Arbeit bin. Bitte wasche dir die Hände und zieh deine Jacke an. Ich packe unterdessen das Essen ein, damit du es im Auto fertigessen kannst.“

Zudem kann die Bezugsperson sich überlegen, wie diese Situation in Zukunft gar nicht mehr entsteht. Zum Beispiel dadurch, dass die Katze beim Essen nicht im Esszimmer spielen soll. Auch dies kann dem Kind mitgeteilt werden.

5. Humor

«Lachen ist gesund». Diese Aussage ist auch für Beziehungen wahr. Aber Achtung: Auslachen gehört hier definitiv nicht dazu. Es geht hier also nicht darum, auf die Kosten des Kindes Spass zu haben (indem man ihm einen Unsinn erzählt, was es leichtgläubig glaubt und zum allgemeinen Amüsement beiträgt). Gemeinsam lachen verbindet. Übrigens sind Kinder hier ein gutes Vorbild: Sie lachen durchschnittlich 20 Mal öfters als Erwachsene. Vielleicht kann man sich ja einfach anstecken lassen?

6. Schwierige Situationen gemeinsam durchstehen

Nicht nur Lachen verbindet, auch das Durchstehen und Meistern von schwierigen Situationen. Egal, ob es frustriert versucht, die eigenen Schuhe zu binden und der/die Erwachsene den richtigen Trick zeigt, damit es selber klappt oder ob es nach einem Streit getröstet werden möchte – es stärkt die Beziehung. Oft ist es auch nur ein «Da Sein», was das Kind braucht. Die Präsenz, die Halt gibt und zeigt: «Ich bin auch in schwierigen Situationen für dich da».

7. Verlässlichkeit und liebevoller Umgang

Beziehung entsteht nicht aus einer einzigen Begegnung. Deswegen ist es so wichtig, dass sich das Kind auf erwachsene Personen verlassen kann (was nicht heisst, dass sie rund um die Uhr immer sofort da sein müssen). Ein liebevoller Umgang mit all den oben genannten Aspekten ist wichtig, dass die Beziehung wachsen kann. Auch Abmachungen einhalten, oder frühzeitig begründen, weshalb etwas nicht gemacht werden kann, gehört zu einer verlässlichen Beziehung und sorgt dafür, dass sich das Kind ernst genommen fühlt.

8. Transparenz

Auch Erwachsene dürfen Fehler machen. Wichtig ist, dass man danach ehrlich und offen kommuniziert. Es gibt dem Kind Sicherheit, weil es die erwachsene Person so besser verstehen kann. Auch die Gefühle des Kindes auszudrücken und sie wahrzunehmen (“Ich sehe, dass du gerade ganz traurig bist, weil du nicht weiterspielen darfst”) und nicht wegzureden (“Ist doch nicht so schlimm, weine doch nicht”) zeigt dem Kind, dass es wahrgenommen wird und es mit all seinen Emotionen da sein darf.

9. Regelmässigkeit

Eine sichere Bindung entsteht nicht nach einem kurzen Treffen. Dafür braucht es regelmässige Zeitfenster im Alltag, welche Erwachsene anbieten können. Vor allem nach einer schwierigen Situation ist es wichtig, gemeinsam Lösungen zu finden und in Beziehung zu bleiben, bis ein positiver Abschluss der Situation möglich ist.

10. Bestärken und Mut machen

Erwachsene können das Kind nach Erfolgserlebnissen bestärken. Zum Beispiel “Du hast es geschafft heute deine Schulsachen ganz alleine zu packen, da freu ich mich richtig mit dir. Morgen klappt das bestimmt auch wieder.”, gibt dem Kind ein Gefühl von Mut, dass es sich auch am nächsten Tag wieder getraut, diese Verantwortung zu übernehmen. Vor einer herausfordernden Situation für das Kind kann die Bezugsperson dem Kind helfen, in dem Mut gemacht wird: “Ich sehe, du hast Angst vor der langen Wanderung auf der Schulreise. Ich bin mir sicher, dass du das schaffst. Du hast starke Beine, die schon ganz viele Wanderungen gemacht haben.”

Fassen wir zusammen: eine aktive und positive Beziehungsgestaltung hilft den Kindern selbst stark zu werden.