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Wie ist es, Pflegefamilie zu sein? Eine Pflegemutter erzählt

07.10.2025 | Redaktionsteam: Vanessa Käser, Veronika Bayer, Michelle Bucher

Die Eckdaten

Cindy und ihr Mann engagieren sich als Pflegefamilie für Kovive. Schon seit 5 Jahren haben sie sich entschieden, Kindern ein zweites Zuhause zu bieten. Nebst ihrer dreizehnjährigen Tochter lebt auch Emma*, ein 12-jähriges Mädchen seit über zwei Jahren im Haushalt der Pflegefamilie.

Motivation

Cindy, wie bist du dazu gekommen, Pflegefamilie zu werden?

Eigentlich war es unser Wunsch, ein Kind zu adoptieren. Beim Gespräch mit der zuständigen Sozialarbeiterin hat diese uns gefragt, ob nicht auch ein Pflegekind etwas für uns wäre. Darauf haben wir uns näher damit auseinandergesetzt und schnell gemerkt, dass dies auch eine Alternative wäre. Als ich dann ein Buch über ein Pflegekind gelesen habe (was mir sehr nahe ging), war klar, dass dies etwas ist, was wir auf alle Fälle tun möchten.

Warum hast du dich für Kovive entschieden?

Vor vielen Jahren suchte Kovive Ferien- und Gastfamilien. Wir durften eine Gastfamilie kennen lernen. Dadurch sind wir bei Kovive gelandet. Wir wollten und wollen Kindern ein Zuhause geben, wenn es bei ihnen daheim schwierig ist: Für sie da zu sein, wenn die leiblichen Eltern es nicht sein können.

Wie hat euer Umfeld darauf reagiert, dass ihr Pflegefamilie geworden seid?

Viele fanden es mutig und waren sich nicht sicher, ob wir uns das gut überlegt haben. Manche konnten es nicht verstehen, während andere es grossartig fanden.

Erfahrungen im Alltag

Wie lief der Prozess ab, bis Emma, eure Pflegetochter bei euch eingezogen ist?

Ich kann mich noch gut an das erste Telefonat mit Kovive erinnern. Es war kurz vor Weihnachten, als wir einen Anruf bekamen mit der Anfrage, ob wir es uns vorstellen könnten, Emma bei uns aufzunehmen. Danach folgte eine kurze Bedenkzeit. Nach der Zusage gab es Treffen und ausführliche Gespräche zum Kennenlernen mit Kovive, der Kindsmutter, der Beiständin, und natürlich mit Emma selbst. Da unsere ersten Termine positiv waren, wurden die Treffen mit Emma langsam ausgebaut, also von ein paar Stunden zu einem ganzen Tag. Später folgte die erste Übernachtung, dann ein Wochenende, bis Emma schlussendlich bei uns eingezogen ist.

Kannst du uns von einem typischen Tag mit einem Pflegekind erzählen?

Ein typischer Tag mit unserem Pflegekind ist eigentlich gleich wie mit den eigenen Kindern. Man erlebt genau dieselben alltäglichen Dinge wie Schule, gemeinsame Mahlzeiten und Wochenenden.

Wie ist es gelungen eine gute Beziehung zu Emma aufzubauen?

Mit viel Geduld und Verständnis. Wir haben Emma gezeigt, dass sie sich auf uns verlassen kann und wir jederzeit für sie da sind und sie auf uns zählen kann. Ich habe oft stundenlang mit ihr im Zimmer gesprochen und zugehört. Wir unterstützten sie während eines Klinikaufenthalts, besuchten sie regelmässig und waren stets erreichbar. An den Wochenenden konnte sie nach Hause kommen. Da hat sie, glaube ich, zum ersten Mal erkannt, dass sie sich auf uns verlassen kann. Und dass sie bei jedem Problem oder Anliegen zu uns kommen kann und keine Angst haben muss.

Welche positiven Veränderungen habt ihr bei eurer Pflegetochter bisher beobachtet?

Wir merken, dass sie sich sehr wohl fühlt bei uns und ausgeglichener ist als am Anfang. Sie öffnet sich immer mehr und wir merken, dass sie uns vertraut.

Was hat das Engagement mit deiner eigenen Familie gemacht?

Es hat uns mehr zusammengeschweisst und wir leben bewusster. Unsere Tochter hat durch Emma so etwas wie eine Schwester. Sie und Emma sind wie normale Geschwister, mal verstehen sie sich besser, mal schlechter.

Herausforderungen & Umgang damit

Wie ist es als Pflegemutter Grenzen zu setzen (fällt es schwer? Ist es selbstverständlich?)?

Das ist nichts anderes als mit den eigenen Kindern auch. Eigentlich ist es selbstverständlich, trotzdem gibt es hin und wieder Situationen, wo es schwerer fällt.

Gab es Situationen, die dich besonders herausgefordert haben? Und wie wurdest du von Kovive unterstützt?

Kurz nach dem Einzug gab es eine schwierige Phase mit unserer Pflegetochter. Kovive stand uns da jederzeit zur Seite: Ob mit Telefonaten, persönlichen Treffen oder anderen Hilfeleistungen. Wir konnten und können jederzeit auf Hilfe zählen. Sie begleiteten uns zu Terminen, motivierten uns in schwierigen Zeiten und halfen bei der Suche nach Lösungen sowie hilfreichen Kontakten für unsere Pflegetochter.

Was motiviert dich, weiterhin als Pflegefamilie tätig zu sein, auch wenn es schwierige Situationen gibt?

Wenn man kleine und grosse Veränderungen beim Pflegekind sieht und spürt, weiss man, dass man etwas richtig gemacht hat. Das ist so motivierend, dass ich es jederzeit wieder machen würde.

Persönliche Entwicklung & Wirkung

Was hast du persönlich aus der Betreuung der Kinder mitgenommen?

Vor allem ist mein Verständnis für verschiedene Lebenssituationen und Reaktionen gewachsen. Aber auch meine Geduld und Offenheit haben zugenommen durch dieses Engagement.

Gibt es einen besonderen Moment, der dir in Erinnerung geblieben ist?

Der erste Anruf von Kovive mit der Anfrage ist mir geblieben. Es gibt viele verschiedene Erinnerungen, die mit der Zeit mit unserer Pflegetochter verbunden sind. Beispielsweise umarmte sie mich bei unserem ersten Treffen zum Abschied spontan.

Ein weiteres Beispiel ist, als sie mir erstmals ihre Probleme mitteilte. Auch kleinere Situationen kommen vor, etwa wenn sie uns vor ihren Freunden als ihre Familie bezeichnet oder mich zum Geburtstag mit einem Geschenk und Karte überrascht.

Ratschläge für Interessierte

Was würdest du Menschen raten, die sich überlegen, Pflegeplätze anzubieten?

Sie sollen sich gut informieren und Gespräche führen mit anderen Pflegefamilien. Wichtig ist es auch, alle in der eigenen Familie mit einzubeziehen und sich nicht vom Umfeld beeinflussen lassen.

Was sollte man deiner Meinung nach unbedingt wissen, bevor man sich als Pflegefamilie engagiert?

Pflegekinder bringen meistens ein Päckchen an schwierigen Erfahrungen mit und reagieren somit oft anders, als man es vielleicht erwartet. Hier braucht es viel Geduld und es hilft, diese Reaktionen nicht persönlich zu nehmen, sondern die dahinterstehenden Bedürfnisse zu erforschen.

Welche Voraussetzungen sind eurer Meinung nach hilfreich für das Engagement als Pflegefamilien?

Die Pflegefamilie sollte krisensicher und verständnisvoll sein, flexibel reagieren können sowie ein grosses Verständnis für die Situation und die Kindseltern aufbringen.

Vielen Dank für deine Zeit, liebe Cindy, und deine wertvollen Einblicke in das Leben einer Pflegefamilie in der Schweiz.

*Namen durch die Redaktion geändert

Interesse am Engagement als Pflegefamilie?

Wir suchen Menschen wie Cindy, die Kindern ein zweites Zuhause bieten. Wenn auch Sie Interesse haben, sich als Pflegefamilie zu engagieren, melden Sie sich zu einem kostenlosen und unverbindlichen Gespräch oder machen Sie unser Quiz, um herauszufinden, welches Engagement sich für Sie persönlich eignet.