Kinder mit ADHS: Verstehen, unterstützen und stärken
28.05.2025 | Redaktionsteam: Veronika Bayer, Johanna Müller, Michelle Bucher

ADHS bei Kindern kommt häufig vor – pro Schulklasse sitzt durchschnittlich ein Kind mit ADHS im Klassenzimmer. Auch bei den Camps und Betreuungsangeboten von Kovive nehmen Kinder mit ADHS teil und so setzen sich die Fachleute von Kovive immer wieder mit diesem Thema auseinander. Wir erklären, welche Symptome ADHS aufweisen kann, geben Tipps für Betreuungspersonen und zeigen auf, welche Stärken diese Kinder haben.
Was ist ADHS?
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, ist eine Entwicklungsstörung, die meist im Kindesalter auftritt. Laut elpos, der ADHS Organisation in der Schweiz, leben in der Schweiz ungefähr 200’000 Menschen mit ADHS. Rund 5% der Kinder sind betroffen.
Symptome von ADHS
“ADHS-betroffene Kinder unterscheiden sich von anderen Kindern darin, wie sie die Welt erleben und sich verhalten”, erklärt Rahel Graf, ADHS-Coach für Kinder. “Kinder mit ADHS zeigen oft eine Reihe von spezifischen Verhaltensweisen, die in drei Hauptkategorien unterteilt werden können: Unaufmerksamkeit, und/oder Hyperaktivität und Impulsivität“
Die drei Symptome von ADHS erklärt:
- Unaufmerksamkeit: Schwierigkeit sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, leicht abgelenkt
- Hyperaktivität: Unruhe, Mühe still zu sitzen und grossen Bewegungsdrang
- Impulsivität: Handeln ohne Überlegungen
Heutzutage wird von einem ADHS mit oder ohne Hyperaktivität gesprochen, wobei die Variante mit Hyperaktivität oft schneller auffällt, da diese Kinder einen sehr grossen Bewegungsdrang haben. Kinder ohne Hyperaktivität wirken oft sehr verträumt. Die Ausprägung der einzelnen Symptome ist sehr unterschiedlich.
Wer ist von ADHS betroffen?
Mädchen sind genauso wie Jungs von ADHS betroffen. Laut elpos weisen “bis zu 50% der betroffenen Kinder auch im Erwachsenenalter noch deutliche Symptome” auf, die ihr Leben erheblich beeinflussen. Ursachen der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ADHS ist eine Entwicklungsstörung des Gehirns, die vor allem auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen ist. Hierbei ist die Kommunikation von Nervenzelle zu Nervenzelle im Gehirn beeinträchtigt. ADHS ist also keine psychische Störung und auch nicht durch einen Erziehungsstil ausgelöst, sondern eine neurobiologische Besonderheit. Übrigens arbeiten Gehirne mit ADHS nicht schlechter, sondern einfach anders.
“Es ist mir wichtig zu betonen, dass ADHS nicht durch eine „schlechte Erziehung“ oder mangelnde Disziplin verursacht wird und dass Kinder mit ADHS sich auch nicht aus Bosheit oder Faulheit so verhalten. Sie reagieren so, weil sie im Moment nicht anders reagieren können. Meist entsteht ihr Verhalten aus einer Überforderung oder Überreizung heraus.”
- Rahel Graf, ADHS-Coach für Kinder
Tipps für den Alltag
Kinder können nichts dafür, dass sie an /unter ADHS leiden. Umso wichtiger ist es, dass sie nicht durch negatives Feedback in eine Selbstabwertungsspirale fallen. Rahel Graf merkt an: “In der Betreuung und Begleitung eines Kindes mit ADHS erachte ich es als wichtig und wertvoll, gezielt auf seine Bedürfnisse einzugehen und dabei flexibel zu bleiben. Auch positive Verstärkung und klare Kommunikation erachte ich als entscheidend, um das Kind in seiner Entwicklung weiterzubringen.” Folgende Alltagshelfer können helfen Kinder mit ADHS zu stärken:
1. Struktur und Routinen schaffen
- Einen klaren Tagesablauf mit festen Zeiten für Schule, Pausen und Freizeit planen
- Grosse Aufgaben in kleinere unterteilen
- To-Do-Listen mit ganz klaren Aufgaben nutzen
2. Auszeiten und Pausen sind wichtig
- Für ausreichend Schlaf sorgen
- Regelmässige Pausen (auch während den Hausaufgaben/ dem Lernen) einplanen

3. Reizarme Umgebung schaffen und Ablenkung minimieren
- Eigenes Zimmer für Rückzug und Ruhe bieten
- Einen ruhigen, aufgeräumten Ort für die Hausaufgaben schaffen
- Mit Kopfhörern oder weissem Rauschen arbeiten (monotones Geräusch, das alle Frequenzen des hörbaren Schallspektrums in gleichem Masse enthält)
4. Bewegung
- Bewegungseinheiten in den Alltag integrieren, z.B. mit dem Velo zur Schule fahren
- Bewegungspausen während den Hausaufgaben einbauen Sport als Ventil für überschüssige Energie nutzen
- Das Kind beim Lernen bewegen lassen (z.B. beim Abfragen für Prüfungen das Kind herumgehen lassen)

Die obenstehenden Tipps sind kein Erfolgsrezept, denn jedes Kind reagiert anders. Wichtig ist, auszuprobieren und herauszufinden, was am besten zu den Bedürfnissen des Kindes passt. Das tun wir auch, wenn Kinder mit ADHS in einem Camp oder bei Betreuungspartner*innen von Kovive betreut werden.
Stärken und Ressourcen von Kindern mit ADHS
Oft erhalten Kinder mit einem ADHS viele negative Rückmeldungen, weil das Schulsystem/ Familienalltag etc. nicht auf das Kind reagiert. Daraus entsteht ein negatives Selbstbild, welches sich auf ein ganzes Leben auswirken kann. Dabei haben Menschen mit ADHS auch sehr viele Stärken:
- Kreativität und Fantasie
- Neugier und Offenheit
- Hilfsbereitschaft
- Innovationsfähigkeit
- Begeisterungsfähigkeit
- Energie
- Anpassungsfähigkeit
- Empathie
- Abenteuerlust
- Risikobereitschaft
- Spontanität
- Humor
- Hyperfokus
- ...
“Kinder mit ADHS sind mit vielen Herausforderungen konfrontiert und hören oft, was sie nicht können, und/oder geraten in Konflikte. Wenn sie um ihre Stärken wissen, erhöht das ihr Selbstbewusstsein, sie können ihr Potenzial entfalten und sind motiviert und gestärkt, alltägliche Herausforderungen anzugehen.“
- Rahel Graf, Coach für Kinder mit ADHS

Kinder mit ADHS bei Kovive
Sowohl in unseren Betreuungsangeboten als auch in unseren Camps befinden sich immer wieder Kinder mit ADHS. Die Grundhaltung von Kovive in Bezug auf Kinder mit ADHS besteht darin, dass jedes Kind so genommen wird wie es ist - mit allen Bedürfnissen, Geschichten und Handicaps. Dabei wird abgeklärt, welche Rahmenbedingungen nötig sind damit das Kind von den Angeboten (Camps oder Betreuungsangebote) profitieren kann.
In den Camps kann eine gewisse Anzahl an ADHS-Kinder gut integriert werden. Daher ist es Kovive wichtig, dass die Hauptleitung in unseren Camps über einen sozial-/pädagogischen Hintergrund verfügt. Wir nehmen die Bedürfnisse aller Kinder ernst und gewähren auch den Schutz von allen bei herausfordernden Situationen / Verhalten. Wichtig ist, dass wir die Verhaltensweisen und Strategien der Kinder schon vor dem Camp gut kennen und wir das richtige Lager aussuchen. Dabei wird auf die Gruppenkonstellation sowie den Inhalt des Lagers geachtet. Es ist uns ein Anliegen, dass sich die Kinder wohl fühlen und auch das Gemeinwohl stimmt. Das Kindeswohl steht dabei für Kovive immer im Vordergrund.
In unseren Betreuungsangeboten werden unsere Betreuungspartner*innen von Kovive Mitarbeiterinnen (Sozialpädagog*innen) begleitet und beraten. Diese können mit passenden Tipps und Strategien sowohl das Kind mit ADHS als auch die Betreuungspartner*in unterstützen. Auch hier ist es Kovive wichtig, bestehende Strategien und bekannte Verhaltensweisen im Voraus zu kennen, um alle bestmöglich zu begleiten.
Weitere Unterstützung für Kinder mit ADHS und ihr Umfeld
Unterdessen gibt es eine Bandbreite an Unterstützung sowohl für die betroffenen Kinder als auch deren Eltern, weitere Betreuungspersonen oder Lehrer*innen und Berufsausbildner*innen. Nebst diversen Coaching- und Therapieangeboten, gibt es u.a. bei elpos Beratung durch spezialisierte Fachpersonen.
Fazit
Kinder mit ADHS und ihre Familien stehen vor besonderen Herausforderungen, die nicht nur ihre Konzentration, sondern auch ihr Selbstbild und ihre sozialen Beziehungen betreffen. Gleichzeitig verfügen sie über beeindruckende Stärken, die oft übersehen werden.
Eine gezielte Unterstützung durch Struktur, positive Verstärkung und individuelle Strategien kann diesen Kindern helfen, ihre Stärken zu entfalten und alltägliche Hürden zu meistern. Hier setzt auch Kovive an, die Kinder zu unterstützen. So kann der Selbstwert der Kinder nachhaltig gestärkt werden.